DAS BUCH DER WEISHEIT

Der Verfasser dieses Buches verbirgt sich hinter dem Namen Salomos und bleibt unidentifizierbar. Wahrscheinlich war er ein Diasporajude aus Alexandria, der eine gute hellenistische Bildung besaß und mit der zeitgenössischen Philosophie vertraut war. Entstanden ist das Buch wahrscheinlich im 1.Jh. v.Chr., es kann aber durchaus erst in ntl. Zeit verfaßt worden sein; es gilt als apokryphe Schrift des AT.

Literarisch gesehen gehört das Buch auch nicht mehr zur eigentlichen Weisheitsliteratur, weil hier die Sinnsprüche schon durch längere Abhandlungen und Gedichte in den Hintergrund gedrängt werden. Zwar ist die Personifizierung der W. schon im übrigen AT gebräuchlich, wo sie teilweise als Helferin JAHWES bei der Schöpfung auftritt, aber die inhaltliche Aussrichtung des Buches hebt sich von der irdischen Orientierung sowohl des AT als auch der Weisheitsliteratur ab. Der Verfasser richtet seinen Blick auf ein jenseits, in dem das tugendhafte Leben, zu dem er auffordert, seine Belohnung erfährt.

Kapitel 1:

GOTTES Weisheit führt zum Leben

Ihr Mächtigen der Erde, liebt, was recht ist! Richtet eure Gedanken auf den HERRN und sucht ihn mit aufrichtigem und ungeteiltem Herzen! Denn er läßt sich von allen finden, die es ernst meinen, und zeigt sich denen, die ihm Vertrauen schenken. Verkehrtes Denken trennt den Menschen von GOTT, und wenn einer die göttliche Macht mißachtet, wird er von ihr in die Schranken gewiesen.

Die Weisheit nimmt nicht Wohnung in einer Seele, die das Böse liebt, und in einem Leib, der sich zum Werkzeug der Sünde macht. Sie ist GOTTES heiliger Geist, der die Menschen zum Guten erzieht. Wo Falschheit herrscht, flieht sie; mit Unverstand will sie nichts zu tun haben, und wer Unrecht tut, der beleidigt sie.

Sie meint es gut mit allen Menschen, deshalb bestraft sie jeden, der schlecht über andere redet. GOTT weiß alles, was in einem Menschen vorgeht; er kennt genau seine Gedanken und hört jedes Wort, das er spricht. Der Geist des HERRN erfüllt die ganze Erde; er umspannt alle Dinge, deshalb versteht er auch alles, was ein Mensch sagt. Ihm entgeht es nicht, wenn einer böse Worte ausspricht; er läßt die gerechte Strafe über einen solchen Menschen kommen. Vor dem Gericht GOTTES werden seine innersten Gedanken aufgedeckt. Seine Worte dringen bis zu GOTTES Thron und rufen die Strafe auf ihn herab. Denn dem wachsamen Ohr des HERRN entgeht keine Silbe, auch das leiseste Flüstern überhört er nicht.

Hütet euch also davor, über andere Menschen herzuziehen und hinter ihrem Rücken üble Verdächtigungen auszustreuen. Auch wenn ihr nur flüstert, GOTT hört es und zieht euch dafür zur Rechenschaft! Wer andere verleumdet, liefert sich selbst dem Verderben aus. Lebt nicht so, daß eure Verirrungen euch den Tod einbringen! Führt nicht durch euer eigenes Tun euren Untergang herbei! GOTT hat den Tod nicht geschaffen; er hat keine Freude daran, wenn jemand sterben muß. Er hat das Weltall geschaffen, damit es Bestand hat. Alles, was entstanden ist, dient dem Leben; in den Geschöpfen selbst gibt es nichts, was den Menschen Verderben bringt. GOTT herrscht über die Erde, nicht der Tod. Wer GOTTES Willen befolgt und das Rechte tut, über den hat der Tod keine Macht.

Verblendung führt in den Tod

Die Menschen aber, die nicht nach GOTT fragen, rufen mit ihren Worten und Taten den Tod herbei. Sie sehnen sich nach ihm, als wäre er ihr bester Freund, und schließen einen Bund mit ihm. Wahrhaftig, sie haben es verdient, wenn sie ihm als Beute zufallen!

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